Bundestagswahl 2017

AfD ist bei Hauptschülern besonders stark

Wie haben die verschiedenen Bevölkerungsgruppen abgestimmt? Wir zeigen die Ergebnisse.

Von Rheinische Post

Quelle: dpa

Welche Altersgruppe hat für wie abgstimmt? Welche Unterschiede gibt es zwischen den Berufsgruppen? Die Forschungsgruppe Wahlen analysiert das Ergebnis der Bundestagswahl. Ihr Fazit: Die Kanzlerin polarisiert zwar, sichert aber der Union ihren verlustreichen Sieg.

Parteiansehen, Regierungsarbeit, Sachkompetenz - und natürlich Angela Merkel. Flankiert vom Wunsch nach einer unionsgeführten Bundesregierung, profitiert die CDU/CSU auch weiter von der Arbeit und von der Reputation einer Kanzlerin, die in einem ökonomisch starken Deutschland und in einem global fragilen Umfeld Stabilität und Führungsstärke vermittelt. Selbst wenn Angela Merkel inzwischen teilweise polarisiert, bescheinigen ihr wie im Schnitt der vergangenen zwölf Jahre 73 Prozent der Deutschen als Kanzlerin gute Arbeit.

Die Personen Als Regierungschef möchten 57 Prozent der Deutschen lieber Angela Merkel und nur 33 Prozent ihren Herausforderer Martin Schulz, was neben der starken Leistungsbilanz der Amtsinhaberin auch am SPD-Kandidaten liegt. Beim Image auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf schneidet Schulz zwar mit einem Wert von 1,0 besser ab als Vorgänger Peer Steinbrück 2013 (0,7), bleibt aber weit entfernt vom hohen Ansehen Merkels (1,9). Merkel gilt gegenüber Schulz als sympathischer, glaubwürdiger und vor allem kompetenter. Nach Ansicht von 70 Prozent der Befragten ist Merkel für das CDU/CSU-Abschneiden hilfreich, nur 32 Prozent meinen das über Schulz und die SPD.

Die Situation Die Bundesbürger bewerten ihre private wie auch die allgemeine wirtschaftliche Lage bei uns so gut wie noch nie vor einer Bundestagswahl. Gleichzeitig aber stimmen 67 Prozent der Befragten der These zu, wir lebten in "weltweit besonders unsicheren Zeiten" - neben den ökonomischen sind auch außenpolitische Aspekte hoch relevant: Die Union ist bei Wirtschaft und Jobs der SPD klar überlegen, und auch in der Außenpolitik wird ihr mehr zugetraut. Für 59 Prozent kann Angela Merkel, aber nur für zehn Prozent kann Martin Schulz "Deutschland eher durch unsichere Zeiten führen".

Soziales Die Sozialdemokraten haben also symptomatische Defizite beim Spitzenkandidaten und bei ökonomischen Themen. Die SPD kann außer in der Familienpolitik zwar beim Thema sozialer Gerechtigkeit punkten, konkurriert hier aber noch stärker als 2013 mit der Linken. In einem Land, in dem sich für 82 Prozent aller Befragten die Unterschiede zwischen Arm und Reich in den letzten Jahren vergrößert haben, ist die Linke für 81 Prozent ihrer Wähler "die einzige Partei, die Politik für sozial Schwache macht".

Flüchtlinge Beim Top-Thema dieser Bundestagswahl fühlen sich 35 Prozent aller Befragten am ehesten von der CDU/CSU vertreten, nur 15 Prozent von der SPD und 13 Prozent von der AfD. Linke, Grüne und FDP bleiben einstellig. Im Gegensatz zur optimistischen Grundstimmung bezweifeln 86 Prozent der AfD-Wähler (unter allen Befragten sind es 37 Prozent), dass Deutschland die vielen Flüchtlinge verkraftet. 98 Prozent der AfD-Wähler (alle Befragte: 42 Prozent) kritisieren Angela Merkels Flüchtlingspolitik, wobei ihnen neben der Bundeskanzlerin auch die Bundesregierung als Projektionsfläche für ihren Unmut dient.

Die AfD Als politischer Kommunikator bindet die Alternative für Deutschland Protest, Sorgen und Unzufriedenheit einer Wählergruppe, die - mit Parallelen zur Linken - ein erheblich gewachsenes Wohlstandsgefälle sowie eine schlechte Zukunftsvorbereitung Deutschlands reklamiert. Als Partei von der eigenen Klientel hochgeschätzt, ist die AfD für alle Deutschen inzwischen weit nach rechtsaußen gerückt. Beim Image stürzt sie auf der Skala von plus fünf bis minus fünf auf miserable minus 2,8 (2013: minus 1,4). Die Opposition

Die Linke (minus 0,4; 2013: minus 1,4) und die Grünen (0,5; 2013: 0,3) können zwar mit einem etwas besserem Ansehen aufwarten - für ihre Oppositionsarbeit gibt es aber schwache Noten. Dagegen schafft die FDP, die 2013 den Bundestag verlassen musste, diesmal ohne parlamentarischen Leistungsnachweis eine nie dagewesene Imagekorrektur (0,7; 2013: minus 0,9). Neben relativ viel Vertrauen in ihre Steuer- und Bildungspolitik profitiert sie von ihrem Vorsitzenden Christian Lindner sowie von taktischen Motiven im schwarz-gelben Lager: Gut einem Drittel der FDP-Wähler gefallen als Partei CDU oder CSU besser.

Alter und Geschlecht Ihre besten Ergebnisse erzielt die Union wie gewohnt bei allen ab 60-jährigen Wählern (41 Prozent, minus acht Prozentpunkte gegenüber 2013) und hier speziell bei den ab 60-jährigen Frauen (47 Prozent, minus sechs), wobei die Lücke zwischen den Geschlechtern auch insgesamt groß ausfällt: 37 Prozent aller Frauen, aber nur 30 Prozent der Männer haben CDU/CSU gewählt.

Die AfD ist bei Männern annähernd doppelt so stark wie bei Frauen (16 gegen neun Prozent), im Osten konkurriert sie bei allen unter 60-jährigen Männern sogar mit der CDU, die hier in dieser Gruppe zweistellig einbricht.

Die Milieus Die Liberalen, genau wie die Grünen im Westen deutlich stärker als im Osten der Republik, punkten mit 13 Prozent (plus sieben) überproportional bei unter 30-jährigen Wählern. Besonders viel Zuspruch für die FDP gibt es von Selbstständigen (17 Prozent); bei Arbeitslosen oder Gewerkschaftsmitgliedern, unter denen die SPD stärkste Partei bleibt, ist die FDP schwach.

Und während die Grünen in Großstädten und unter Hochschulabsolventen ihre Domänen behalten, ist die Linke in Ostdeutschland mehr als doppelt so stark wie im Westen, wo ihr jetzt allerdings die AfD den Status als zweitstärkste politische Kraft streitig macht.

Die Koalitionen Mit den Erfolgen von FDP und AfD wird der Bundestag so stark fragmentiert sein wie seit sechs Jahrzehnten nicht mehr. Nun bleiben praktisch nur zwei Bündnisoptionen. Vor die Wahl gestellt, fänden 50 Prozent der Deutschen eine große Koalition und 41 Prozent "Jamaika" besser.

Die Umfrage Die Zahlen basieren auf einer telefonischen Befragung unter 1666 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Deutschland in der Woche vor der Wahl sowie auf der Befragung von 41.318 Wählern am Wahltag.

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RP ONLINE, 24.03.2024

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