So werden wir manipuliert


Vorsicht, Fallen!

Geschrieben und grafische Idee von Andreas Mohrmann
und Benedikt Grotjahn
Gestaltet und programmiert von Phil Ninh

Neigen Sie auch dazu, im Supermarkt mehr einzukaufen als geplant? Zwei Drittel der Kaufentscheidungen im Discounter werden emotional getroffen. Das Ziel jeden Supermarkt-Designs ist daher, Bedürfnisse zu wecken und den Kunden ein positives Grundgefühl zu geben, damit sie möglichst lange im Geschäft bleiben. Wir zeigen die Tricks, die beim Einkaufen auf uns warten, damit wir mehr Geld ausgeben, als wir eigentlich wollen. Und auf welche Weise wir in Zukunft die höher als geplante Rechnung begleichen werden.

Mach mich voll!

Einkaufswagen werden im Laufe der Zeit immer größer. Denn je voluminöser der Wagen ist, desto mickriger wirkt das, was darin liegt. Und das verführt dazu, mehr hineinzulegen, als man eigentlich möchte.

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Es gibt kein Zurück

Die selbstschließende Lichtschranke am Eingang soll nicht nur Ladendiebe aufhalten. Sie zwingt auch ehrliche Kunden, die es sich mit dem Einkauf anders überlegt haben, zu einer Runde durch den ganzen Laden, bevor sie sich schließlich mit einem verschämt gemurmelten „darf ich mal vorbei?“ an der Kassenschlange vorbeidrängeln.

Links herum

Der Eingang liegt bei Supermärkten meist auf der rechten Seite. Denn die Konsumforschung hat herausgefunden, dass sich die Kunden wohler fühlen, wenn sie ihre Einkaufsrunde gegen den Uhrzeigersinn drehen. Und wer sich besser fühlt, der kauft auch mehr.

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Stimmungsaufheller

Frisches Obst und knackiges Gemüse finden wir immer im Eingangsbereich. Die Farben und Düfte regen die Sinne an. Das hebt die Stimmung – und unsere Neigung zu unvernünftigen Kaufentscheidungen.

Durch die Blume gesagt

Frische Blumen im Eingangsbereich suggerieren ein „herzlich Willkommen im Markt“. Wer so begrüßt wird, tritt gerne ein, bleibt ein wenig länger und kauft ein wenig mehr. Vielleicht sogar Blumen.

Das Auge kauft mit

Auf Augenhöhe platzierte Artikel werden am häufigsten gekauft. Deswegen stehen hier die teuersten Produkte. Nicht nur für die Hersteller, die so genannte „Placement fees“ zahlen müssen, wenn ihre Artikel hier platziert werden sollen. Auch für die Kunden. Denn die „Streckware“ oben und die „Bückware“ unten bietet oft die gleiche Qualität zum kleineren Preis.

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In einem anderen Licht

Um blasse Lebensmittel appetitlich leuchten zu lassen, verwenden die Märkte farbiges Licht. Käse wird gelblich, Fleisch rot und Fisch häufig mit bläulichem Licht angestrahlt.

Gemeinsam sind wir stark

Kaffee, Honig und Aufbackbrötchen stehen oft nahe beieinander. Denn zusammen passende Produkte lassen sich zusammen auch besser verkaufen als jedes einzeln für sich. Nicht nur beim Frühstück.

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Große Augen

Auch bunte Gummibärchen und klebrige Kaubonbons werden vorzugsweise in Augenhöhe platziert – allerdings in der unserer Kinder.

Aktion!

Kurzzeitangebote, die meist auf Sonderflächen in einem zentralem Gang auf die Kunden warten, suggerieren: Hier machen Sie einen guten Schnitt. Manchmal trifft das sogar zu.

Hier bin ich!

Bekannte Marken wie „Coca Cola“ oder „Heinz“-Ketchup stehen oft in der Mitte von Gängen. An diesen Signalmarken orientiert sich der Kunde räumlich und preislich.

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Don‘t worry, be happy

Vormittags Schlager für die Rentner, abends Popmusik für jüngere Einkäufer. Hintergrundmusik wirkt am ehesten als Wohlfühlfaktor, wenn die Kunden sie unbewusst wahrnehmen.

Kampfpreise

Sonderangebote versuchen, sparsame Menschen in den Laden zu locken. Für die anderen Kunden haben sie vor allem die Signalwirkung, dass dieses Geschäft so günstig ist, dass man auf Preise gar nicht achten muss.

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Möchten Sie probieren?

Käsehäppchen und Saftgläschen geben uns nicht nur die Möglichkeit, Produkte zu kosten. Auch probiert das Geschäft, uns zum Kauf von Dingen anzuregen, die wir gar nicht wollen. Oder uns ein schlechtes Gewissen zu machen, welches wir dann mit dem Kauf anderer Artikel beruhigen.

Blickfang

In den Regalen am Ende von Gängen (sogenannte Endcaps) liegen oft die Produkte mit besonders hohen Verkaufsmargen. Denn diese Bereiche ziehen den Blick der Kunden am meisten an.

Sich mal was gönnen

Bereiche wie die Weinabteilung sind häufig wie kleine, elegante Shops-im-Shop aufgebaut. In dieser etwas anderen Welt akzeptiert man auch andere Preise. Nämlich höhere.

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Der lange Weg zum Kühlregal

MIlch, Käse, Wurst und andere Produkte des täglichen Einkaufs stehen weit hinten im Geschäft. So ist sichergestellt, dass die Kunden auf dem Weg dort hin an all den kleinen Fallen vorbei müssen, die sie zu Impulskäufen anregen sollen.

Nicht so schnell!

Damit die Kunden all die schönen Sachen im Laden auch wahrnehmen, muss man sie hier und da bremsen. Als „Stopper“ werden oft Waren auf Paletten mitten in den Weg gestellt. Die suggerieren zusätzlich, dass es hier etwas nur für kurze Zeit gibt und man besser schnell zugreifen sollte.

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Belohnung

Eltern wissen: Mit der Kasse nähert man sich auch der Quengelzone. Wer kein Kind mit Süßigkeiten ruhigstellen muss, belohnt sich hier gern auch einmal selber mit einer Kleinigkeit dafür, dass der Einkauf so gut wie geschafft ist.

Sammeln Sie Punkte?

Mit einer Kundenkarte oder einem Sammelheft bekommen Sie kleine Rabatte für Ihre Treue. Mit Bonussystemen wie Payback sammeln auch die Unternehmen. Nämlich Ihre Daten.

img09„Wie möchten Sie zahlen?“

Noch ist im Supermarkt die Antwort eindeutig: Über zwei Drittel der Kunden in Deutschland bezahlt den Einkauf am liebsten bar.

Weltweit erobern jedoch kontaktlose Bezahlverfahren die Märkte. Auch in Deutschland können sich heute bereits 71 % der jüngeren Konsumenten vorstellen, auch kleinere Beträge beim Einkaufen mit dem Smartphone zu bezahlen.

Gern auch kontaktlos

Wie wir in Zukunft im Supermarkt bezahlen

1. Girocard Seit Ende 2016 werden neue Girokarten in Deutschland mit integrierter Kontaktlosfunktion (NFC) ausgegeben. Damit kann direkt und ohne Aufladen vom Konto kontaktlos bezahlt werden – bei Zahlungen bis 25 Euro in der Regel ohne Pin-Eingabe. Wenn in zwei Jahren alle rund 800.000 Kassenterminals NFC-fähig sind, dürfte mobiles Bezahlen auch beim Bäcker, auf dem Markt oder bei Lieferdiensten attraktiver werden.

2. Smartphone-App Wenn auf dem Gerät eine virtuelle Bankkarte installiert ist, lassen sich auch Handy oder Wearables (Armbänder, Uhren) zum Bezahlen nutzen. Für die Virtualisierung gibt es bereits eine Vielzahl von Anbietern, und die verschiedenen Banken nutzen unterschiedliche Lösungen – neben Sicherheitsbedenken steht aber genau diese Unübersichtlichkeit einer Durchsetzung am Markt bislang noch im Weg. Statt Pin wird in Zukunft biometrische Daten wie Fingerabdruck, Iris-Scan sowie Gesichts- oder Herz-frequenzerkennung zur Authentifizierung genutzt werden.

3. Smart Checkout Wenn der Kunde etwas in den smarten Einkaufswagen legt, werden die Waren identifiziert und die Banking-App auf dem Smartphone erstellt eine laufend aktualisierte vorläufige Rechnung. Nach dem Einkauf geht man durch die Self-Checkout-Schleuse, wo das Kassensystem die Warendaten aus der Banking-App ausliest. Sie nennt den Gesamtpreis des Einkaufs und bucht den Betrag nach einer Bestätigung direkt vom Konto ab.

4. Bar Nicht nur Sicherheitsbedenken, Bequemlichkeit und das Fehlen von Anonymität dürften die völlige Abschaffung des Bargelds vorerst verhindern. Zwei Drittel der Deutschen ist mit den heutigen Zahlungsmöglichkeiten zufrieden, viele vermissen den Mehrwert des mobilen Bezahlens. Und selbst in Schweden, dem Land das auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft schon weit fortgeschrittenen ist, möchte ein Drittel der Bevölkerung auch weiterhin bar zahlen.

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Von Phil Ninh (Design und Programmierung)


RP ONLINE, 17.11.2024

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