Tour de France 2017 in NRW

Im Zeichen des Zweirads

Am 2. Juli rollt die Tour de France in Deutschland – zum ersten Mal wieder seit zwölf Jahren. Wir geben einen Überblick über die zweite Etappe, die auf rund 80 Kilometern quer durch das Rheinland führt.

Gehen Sie vorab mit uns auf Erkundungstour entlang der Tour-Strecke!

Unsere Redaktion hat im Vorfeld des großen Tour-Wochenendes neun Geschichten vom Wegesrand gesammelt. Wir geben Tipps für die besten Plätze entlang der Route und informieren, was die Städte für den Radrenn-Sonntag geplant haben und wann das Fahrerfeld samt der Werbekarawane in Ihre Stadt kommt.

Radfahrer Düsseldorf

Düsseldorf - TV de France

Von Oliver Burwig

Der ehemalige Rennrad-Amateur Max Maxen schaut sich jede Tour de France im Fernsehen an. Jetzt führt die Strecke durch seine Stadt - doch der Düsseldorfer bleibt sich treu.

Früher, sagt Max Maxen, war man auf ARD und ZDF angewiesen. Will er heute das wichtigste Radrennen der Welt sehen, schaltet der 51-Jährige Eurosport ein. Am liebsten würde er sich dann verdoppeln, denn im Bezahlfernseh-Ableger des Sportsenders läuft parallel zum Livebericht die Tour de France noch einmal aus einer anderen Perspektive. Er sei nicht so wie die brüllenden Fußballfans, mehr ein entspannter Beobachter. Außer wenn das Rennen in die kritische Phase kommt – dann dürfe man ihn nicht ansprechen.

Vielleicht liegt es daran, dass Maxen früher selbst fast ein Profi war: Mehrmals war er in seiner Jugend Landesmeister, einmal sogar Deutscher Vizemeister. Mit 17 kam er in die Junioren-Nationalmannschaft im Bahnfahren. Seine letzte Saison fuhr er 1991, danach gab der heutige Medien-Freiberufler und Fotograf den Sport für sein Maschinenbau-Studium auf. Seit knapp fünf Jahren steigt Maxen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr aufs Rennrad. Seitdem erfreut er sich an der Leistung anderer.

Radrennen schaute er sich schon in den 1970ern gerne im Fernsehen an, bevor er 20 Jahre später vor allem die niederländischen Kanäle für sich entdeckte. „Da wurde exzessiv über Jan Ulrich und Erik Zabel berichtet“, sagt Maxen. Die Fahrer kannte er alle beim Namen, verfolgte ihre Karriere, schrieb Ende der 90er sogar zwei Saisonpläne mit Hintergrundinformationen, die als Bücher erschienen sind. Mit dem Internet erübrigte sich das Format, erzählt Maxen, der auch heute noch verfolgt, welche Leistungen die Fahrer bei der Tour de France oder dem Giro D’Italia entwickeln, dem zweitwichtigsten internationalen Radrennen.

Der ehemalige Rennrad-Amateur Max Maxen schaut sich jede Tour de France im Fernsehen an.

Vor dem Fernseher fiebert Max Maxen mit, wenn die Tour de France gerade nicht vor seiner Haustür entlangführt. Foto: Andreas Bretz

Mit den offensiven Fahrern fiebert er am meisten mit. Wenn sie aus dem Hauptfeld ausbrechen, einen Sprint wagen, über das vermeintlich Menschenmögliche hinausgehen. „Wenn Amateur-Radler schon am Ende sind, fangen die erst an, richtig Fahrrad zu fahren“, sagt Maxen. Dennoch müsse man Leistungen bei Profi- und sogar Amateur-Rennen immer hinterfragen – die Doping-Skandale vor knapp 20 Jahren werfen lange Schatten: „Doping ist immer noch an der Tagesordnung.“ Man könne nicht sehen, wer gedopt sei, verdächtig sei es jedoch, wenn viele Profis „mörderisch“ kurze Regenerationszeiten hätten.

Den Spaß an Radrennen hat ihm das nie genommen. Am meisten freut sich Maxen auf die flache Strecke zwischen Neuss und Lüttich, auf der sich ein Massensprint ankündigt. Das Zeitfahren sei eine gute Möglichkeit, die Sportler kennenzulernen. Das will Maxen so nah wie möglich, und nicht nur am Fernseher. Durch seinen Job könne er sogar ein wenig hinter die Kulissen des Rennens schauen. Sobald die Strecke aber aus Düsseldorf herausführt, beginnen sie für Maxen wieder, die Stunden vor dem Fernseher.

„Bei den klassischen Touretappen wie bei Alpe d’Huez oder dem Mont Ventoux erkenne ich jede Kurve“, sagt er. Für Maxen gibt es wenig, was die Rad-Leidenschaft so sichtbar macht wie die niederländischen Fans, die Tage vorher am Streckenrand ihre Wohnwagen aufgestellt hätten und wie er die Tour am Fernseher verfolgen – bis sie an die Straße stürmen und den Augenblick genießen, an denen sie den Fahrern ganz nah sein können.

Für Tour-Einsteiger hat Max Maxen fünf gute Tipps für das perfekte Tour-Erlebnis

Radfahrer Neandertal

Neandertal/Erkrath -
Der Sprinter aus dem Tal

Von Sebastian Fuhrmann

In Mettmann sagt die Tour auch einem lange ausgestorbenen Verwandten des Menschen Hallo. Das Peloton rauscht durch das Neandertal, wo vor 161 Jahren die Knochen des Neandertalers entdeckt wurden. Wie hätte sich der ausgestorbene Verwandte des Menschen wohl als Radfahrer gemacht? Wir machen den ungewöhnlichen Vergleich.

Zwischen dem Neandertaler und dem Tour-Profi von heute liegen 30.000 Jahre Evolution, und als der Neandertaler ausstarb, war das Rad noch lange nicht erfunden. Unser Vorfahre hätte sich im Sattel aber wohl gar nicht schlecht gemacht. „Der Neandertaler wäre ein guter Fahrer gewesen“, sagt Dr. Bärbel Auffermann, stellvertretende Direktorin des Neanderthal-Museums.

Was zeichnet den Tour-Fahrer aus? „Den prototypischen Fahrer gibt es nicht. Grob kann man die Teilnehmer aber in drei Kategorien einteilen“, sagt Dr. Jens Hinder, Oberarzt am Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr in Warendorf und einer der Ärzte des Teams „Trek Segafredo“ mit Spitzenfahrer Alberto Contador und dem Deutschen John Degenkolb.

Museum Neanderthal

Das Neanderthal Museum aus der Luft.

Kategorie 1: der Fahrer fürs Gesamtklassement. „Da zählt jedes Kilo“, sagt Hinder. Fahrer fürs Gesamtklassement müssen gut über die Berge kommen. „Sie wiegen meist um die 55, 65 Kilo und sind dünne Kerlchen.“

Kategorie 2: der Sprinter. „Sprinter haben viel Muskelmasse, um am Ende anziehen zu können“, sagt Hinder. In der Spitze treten sie bis zu 1800 Watt, der Normalo würde es gerade mal auf 600 bringen.

Kategorie 3: der Allrounder. Er ist da, um zu helfen, eine Mischung aus den genannten Kategorien, kommt gut über die Berge und bringt seinen Spitzenfahrer im Sprint in Position.

Und der Neandertaler? Die gefundenen Knochen lassen darauf schließen, dass er nicht größer als 1,68 Meter war. Etwa so groß sind auch viele der „Bergflöhe“ bei der Tour. Der Neandertaler hätte sich aber vor allem als Sprinter gut gemacht. „Er war sehr muskulös, damit hätte er viele Defizite wie seine schweren Knochen wettgemacht“, sagt Auffermann.

Seine Robustheit hätte dem Neandertaler auf dem Rad geholfen. Die Tour de France führt über Berg und Tal, mal ist es ungemütlich nass und kalt, mal sengend heiß. Der Radprofi muss das abkönnen. Der Neandertaler konnte das. Skelette wurden von Portugal bis Usbekistan, in Frankreich, Israel und Syrien gefunden. „Der Neandertaler war sehr anpassungsfähig“, sagt Auffermann.

Bis zu 30.000 Kilometer fährt der Tour-Fahrer im Jahr mit dem Rad. „Auch der Neandertaler war unentwegt auf den Beinen“, erklärt Auffermann. „Er musste mobil sein, um zu überleben. Deswegen lebte er als Nomade, immer auf der Suche nach Nahrung.“

Die nimmt der Tour-Fahrer auf dem Rad zu sich. „Man sagt, es sollen 60 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde sein“, erklärt Sportarzt Hinder. Die Tour-Fahrer schaffen das mit speziellen Gels, Getränken und Riegeln. Auf einer schweren Etappe soll der Radfahrer bis zu 10.000 Kilokalorien zu sich nehmen. Zum Vergleich: Eine Portion Nudeln hat etwa 400.

Radfahrer Mettmann

Mettmann -
Grüne Räder, gelbe Trikots und ganz viel Blumen

Kommentar von Oliver Wiegand

In Mettmann ist von großer Euphorie über die Tour-Durchfahrt wenig zu spüren - zumindest nicht von städtischer Seite. Dafür haben viele Bürger die Initiative ergriffen. Ein kritischer Blick auf das anstehende Tour-Wochenende in der Kreisstadt.

Wie lange weiß man in Mettmann jetzt, dass die Tour de France hier durchkommt? Deutlich mehr als ein Jahr? Im Rathaus gibt es ganze Abteilungen, die sich mit der Planung des Events beschäftigen, das immerhin als drittgrößtes Sportereignis der Welt gilt. Und was ist in der „Kreisstadt“ Mettmann bislang von der Tour zu sehen?

Grüne Fahrräder!

Grüne Fahrräder

Grüne Fahrräder in Mettmann.

In den vergangenen Tagen sind es immer mehr geworden: In der „typisch grünen“ Farbe des Mettmanner Bauvereins lackierte Fahrräder, die entlang der Strecke der Tour de France durch Mettmann stehen. Die Menschen in Mettmann sollen so auf das große Sportereignis eingestimmt werden. Dabei sind das nicht mal Rennräder, sondern alte Mountain-Bikes ohne Sattel.

Ob das die richtige Einstimmung auf die Tour ist, wenn so ein angeranztes Rad an der Talstraße am Zaun klebt? Zumal den Sinn dieser Aktion auf den ersten Blick keiner kapiert. Oder weiß jeder, was das typische „MBV-Grün“ ist? Ist das das gleiche Grün, wie das Grüne Trikot bei der Tour de France? Und warum steht so ein grünes Rad vor der Apotheke am Jubi? Da geht die Tour doch gar nicht lang. Merkwürdig. Kann man verstehen, muss man aber nicht.

Aber Mettmann besteht ja nicht nur aus grünen Fahrrädern. In der Stadt ist am Wochenende echt was los. Zur Tour de France haben die Geschäfte geöffnet, in der Innenstadt wartet der Weinsommer auf Gäste. Verhungern muss am Streckenrand keiner. Und natürlich gibt es auch ein französisches Dort mit Spezialitäten aus dem Nachbarland. Nach ein zwei Wein wird keiner mehr über die grünen Fahrräder sprechen. Höchstens vielleicht die Alt-Metall-Händler.

Mont Mettmann

Nolwenn Scoarnec mit ihrem Hinweis auf den "Mont Mettmann".

Und was den Schmuck in der Stadt angeht: Da gibt es doch noch viele gute Ideen. Nolwenn Scoarnec aus Laval hat einen typischen französischen Meilenstein beschriftet, der auf den bevorstehenden ersten leichten Anstieg der Tour, dem „Mont Mettmann“, an der „alten B7“ (Ringstraße) hinweist. Sieht gut aus und den Stein könnte man auch nach der Tour dort stehen lassen. Lob auch an die Mitarbeiter des Mettmanner Bauhofs. Sie haben die Blumen und Stauden sprechen lassen und Beete mit Motiven rund um das Radrennen angepflanzt. An der engen Kurve am Kolben haben die Gärtner das Stadtwappen mit Buchsbaum sowie einen Schriftzug „Tour de France“ mit Blumen kreiert und ein Gelbes Trikot mit Husarenköpfen gepflanzt.

Noch eine kleiner Nachtrag zur Versöhnung: Die beiden Künstler Volker Rapp und Kathy Schnee haben vom Mettmanner Bauverein auch einige grüne Fahrräder in die Hand gedrückt bekommen. Die stehen jetzt auf dem Dach des Krankenhauses und sind nachts beleuchtet. Na gut, dann sieht man wenigstens nicht, dass sie grün sind.

Beleuchtes Fahrrad

Die beleuchteten Fahrräder auf dem Dach des Krankenhauses.

Radfahrer Ratingen

Ratingen -
Die Tour im Schaufenster

Von Helene Pawlitzki

Alljährlich gestalten Ratinger Kaufleute ihre Schaufenster für einen Wettbewerb besonders schön. In diesem Jahr ist das Thema klar: Le Tour de France. Unterwegs mit der Jury, auf der Suche nach Tour-Geschichten.

Das erste Fenster des Tages ist direkt eines, das provoziert. In der Mitte ein großes Foto von Jan Ullrich, er rast in voller Fahrt auf den Betrachter zu. Davor das rotgepunktete Trikot des besten Kletterers – und herabhängend von der Decke: riesige Spritzen. Ein kühner Entwurf, besonders, wenn man das Motto bedenkt: Vive le Tour! Es lebe die Tour.

Frau Wahl ist trotzdem begeistert. „Sehen’s“, sagt sie. „Des erzählt eine G’schichte. Des find ich dann cool.“

Wie wichtig das Geschichtenerzählen ist, hat die gelernte Dekorateurin aus Augsburg ihren Mitjuroren beim Frühstück noch einmal in ihrem sorgfältigen Schwäbisch erklärt. Denn ein gutes Schaufenster fesselt die Passanten. „Wenn einer länger als acht Sekunden vor dem Fenster steht, dann geht er nachweislich zu 80 Prozent auch in den Laden.“ Die Mitjuroren haben kundig genickt: Nina Bauer vom Stadtmarketing, Eva Grosche vom Einzelhandelsverband und der Chef des Wochenblatts „Dumeklemmer“, Achim Pohlmann. Und sind dann aufgebrochen.

Die Ratinger Schaufenster

Herr Pohlmann macht den Stadtführer, er hat die Route durch Ratingen ersonnen. Kein einfacher Job, 34 Schaufenster an einem Tag zu begutachten. „Bringen Sie gutes Schuhwerk mit“, hat Frau Bauer geraten. Ein Strohhut wäre auch nicht schlecht gewesen, es ist ein heißer Tag. Die Sonne spiegelt sich in den Scheiben.

Los geht’s im reichen Hösel, wo der Optiker mit den Spritzen dann doch nicht die volle Punktzahl von Frau Wahl bekommt. „Hier, sehen’s, das ist keine saubere Anordnung der Brillen, die liegen da so kreuz und quer auf dem Trikot, und man erkennt sie auch nicht so richtig, da hätte man vielleicht lieber Sonnenbrillen genommen oder Brillen mit kräftigerer Fassung, da tut man sich schon arg schwer.“

Weiter geht’s, eine Buchhandlung und eine Bäckerei in Hösel, dann auf nach Lintorf, dann in die City. Reformhäuser, Blumenläden, Parfümerien, Fahrradgeschäfte, Dessousboutiquen. Frankreichflaggen, Weingläser, Brie-Schachteln, Lavendel, der Eiffelturm. Und immer wieder: Fahrräder. „In ganz Ratingen hat kein einziges Kind mehr ein Rad“, scherzt Frau Wahl angesichts einer Caféauslage mit drei Kinderfahrrädern und zwei Bobbycars. (Leichte Abzüge gibt es hier in der Kategorie „Warenpräsentation“: „Wenn’s wenigstens ein Baguette in jeden Gepäckträger getan hätten, damit’s weniger nach Spielzeugladen ausschaut…“) Die Bandbreite reicht von der Gangschaltung in der Juwelierauslage (Frau Grosche: „Also, das finde ich jetzt ganz einfallslos!“) bis zum Mountainbike in der Auslage eines Haushaltswarenladens.

Das klitzekleine Schaufenster eines Änderungs- und Dekorationsateliers ist einem Kinderschlafzimmer nachempfunden und hat einen Schönheitsfehler: Es steht kein Fahrrad drin. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Auf den zweiten erkennt man das kleine Spielzeugfahrad auf dem Nachttisch, die Räder auf dem bedruckten Stoff des handgenähten Kinderpyjamas, die Bergetappe in dem Alpenpanorama aus Kissen – alles in Grau und Senfgelb. „Kreativ ist es“, sagt Frau Wahl schließlich, „aber das Motto wiederzufinden, da tu ich mich arg schwer.“ Herr Pohlmann und Frau Grosche schweigen. Irgendwie wirkt der Raum bedrückend: liebevoll eingerichtet, aber in kalten Farben. Und das Kind fehlt. Welche traurige Geschichte erzählt diese Auslage?

12 Uhr, Zeit für eine kleine Mittagspause. Die Jury schlendert davon. Noch so viele Fahrräder zu bestaunen, Fenster zu begutachten. Allors, meine Lieben! Vive le tour.

Hier sehen Sie einige ausgewählte Schaufenster aus dem Wettbewerb. Welches ist Ihr Favorit? Stimmen Sie mit ab!
(Fotos: Stadtmarketing Ratingen)

David Norman

Der Illustrator David Norman im Garten seines Hauses in Meerbusch.

Radfahrer Meerbusch

Meerbusch - Tour de Meerbusch

Von Lisa Schrader

Tour de France? Kommt ein bisschen spät, denn Meerbusch hat schon seine eigene Tour. Die „Tour de Meerbusch“ ist ein Comic-Buch des Illustrators David Norman. Norman ist gebürtiger Ire, begeisterter Meerbuscher und hat für seine Mitbürger die Geschichte der Stadt zu Papier gebracht.

Luna, Hektor und der Professor heißen die drei Figuren, die den Leser mitnehmen durch die Geschichte und durch die Straßen von Meerbusch. Luna und Hektor sind Schüler, haben für ein Projekt die Geschichte der Stadt erforscht und davon berichten sie ihrem Freund, dem Professor – erst bei einem gemeinsamen Frühstück, dann bei einer Radtour.

So erzählt das Buch vom Meerbusch der Neandertaler, der Römer, vom 30-jährigen Krieg und vom Zweiten Weltkrieg – bis zur Stadtgründung am 1. Januar 1970. „Meerbusch ist eine sehr junge Stadt, wir haben nicht so eine grandiose Geschichte“, sagt Norman. Aber auf dem heutigen Stadtgebiet sei in den Jahrhunderten davor doch viel passiert.

Mit Liebe zum Detail zeichnet David Norman seine Figuren, Karten aus verschiedenen Epochen, die Wahrzeichen und die Landschaft Meerbuschs. Zusammen mit historischen und aktuellen Fotos ergibt sich ein kurzweiliges Comic-Buch – von einem Zugezogenen für seine Mitbürger.

Seit 28 Jahren wohnt der 1954 geborene Ire in der Stadt und fühlt sich dort rundum wohl. Die „Tour de Meerbusch“ ist für ihn eine Herzensangelegenheit. Der Comic ist kein trockenes Geschichtswerk, mehr so etwas wie ein Reiseführer für Einheimische, „so dass die Leute wissen, wie ihre Stadt funktioniert“. Das „Wir-Gefühl“ will Norman transportieren.

Die "Tour de Meerbusch" in Bildern

Und warum erkunden Luna, Hektor und der Professor die Stadt mit dem Fahrrad? „Meerbuscher sind Radfahrer“, sagt David Norman, „Wir haben hier ein sehr gutes Netz von Radwegen.“ Außerdem sei es sehr grün in der Stadt und das Land vergleichsweise flach, merken die Figuren im Buch an.

Die Idee zum Comic kam Norman ganz unabhängig von der Tour de France – und auch schon vor zwei Jahren. Immer mal wieder arbeitete der Illustrator an dem Buch, neben den Aufträgen für Verlage und Werbeagenturen, mit denen er sein Geld verdient. So sei es nun ein „genialer Zufall“, dass das Buch passend zur Tour de France erschienen ist.

Dass Meerbusch eine Station der Tour de France wird, freut den Illustrator. Er wertet das als eine Ehre für die Stadt, als ein Zeichen, dass auch die kleinen Städte rund um Düsseldorf eine Bedeutung haben. Wenn am 2. Juli die Tour durch den Stadtteil Büderich fährt, wird David Norman auch an der Strecke stehen und sich das Spektakel anschauen. Voraussichtlich fährt er mit dem Fahrrad hin.

Die „Tour de Meerbusch“ ist im Buchhandel erhältlich. Das Buch hat 44 Seiten und kostet 19,90 Euro.

Radfahrer Neuss

Neuss - Eine Ode an die Tour

Interview von Simon Janßen

Aktionstage an den Schulen, eine aufwendige Installation auf der Galopprennbahn und sogar noch eine eigene Hymne auf den Radsport in Neuss. Die Quirinusstadt hat sich für die Tour de France rausgeputzt. Wir sprachen mit dem Musiker MaximNoise über "Bikeoholiker" und seine Leidenschaft für die Zweiräder.

Welchen Bezug hast du zum Thema Fahrradfahren?

MaximNoise: Ich liebe Fahrradfahren! Es bedeutet für mich Freiheit, Unabhängigkeit und die Möglichkeit, in meiner unmittelbaren Umgebung neue Orte zu entdecken, die mit Bus und Bahn oder dem Auto unerreichbar sind.

Mountainbike oder Hollandrad?

MaximNoise: Je nach Bedarf, in Neuss bin ich aber eher mit dem City-Bike unterwegs.

Warum hast du einen Song übers Radfahren geschrieben?

MaximNoise: Radfahren ist schon immer eine Leidenschaft von mir gewesen, ebenso wie die Musik. In Neuss kannst Du jeden Stadtteil durch Parks und über Waldwege erreichen, was mich dazu inspiriert hat, dieser Leidenschaft einen Platz auf meinem nächsten Album zu widmen.
In einem Gespräch mit Bürgermeister Reiner Breuer über kommende Projekte entstand die Idee, diesen Song und ein entsprechendes Musikvideo mit der Tour und darüber hinaus mit dem Thema Nahmobilität zu verbinden. So schloss sich der Kreis.

Was sind deine Lieblingsrouten?

MaximNoise: Einige dieser Lieblingsrouten lassen sich im Musikvideo zum Song "Bikeoholiker" bereits erahnen. Wenn ich kein bestimmtes Ziel ansteure, zieht es mich abwechselnd in alle Himmelsrichtungen.
Zum Beispiel durch den Stadtwald zum Jröne Merke, über Morgensternsheide und den Eselspfad hin zum Reuschenberger See, weiter durch Reuschenberg, über Selikum, an der Erft entlang bis zum Rhein oder in umgekehrter Reihenfolge.

Wo wirst du die Tour de France verfolgen, wenn sie durch Neuss rollt?

MaximNoise: Am 2. Juli habe ich die Ehre, zweimal am Rathaus aufzutreten und neben einigen anderen Songs wie zum Beispiel "Immer wieder Neuss" auch den neuen Fahrradsong zu singen.
Das Ganze passiert auf der Bühne der Stadtwerke Neuss direkt am Rathaus, einmal gegen 10.30 Uhr, bevor die Fahrer kommen, und das zweite Mal nach der Durchfahrt um 14.30 Uhr.
In der Zwischenzeit werde ich gemeinsam mit den Neussern den Fahrern begeistert vom Streckenrand zujubeln und dieses einmalige Ereignis im Herzen von Neuss erleben.

Radfahrer Kaarst

Kaarst -
Ein Dorf hofft auf den Jackpot

Von Clemens Boisserée

Kaum mehr als 6000 Menschen wohnen in Büttgen, dem zu Kaarst eingemeindeten Dorf vor den Toren der Stadt. Doch wenn es um den Radsport geht, gehört Büttgen zu den Großmächten des Landes - vor allem Dank eines Mannes.

Büttgen hat zwei Supermärkte - und genauso viele Fahrradläden. Zweiräder gehören hier genauso zum Leben wie Milch, Wasser und Brot. Die Gemeinde leistet sich eine der letzten Radsporthallen des Landes und stemmt Jahr für Jahr den Rennklassiker „Spurt in den Mai“. Die Verantwortung dafür trägt vor allem einer: Günther Schumacher.

Rund um die Olympischen Spiele 1972 zog es den gebürtigen Rostocker zur Vorbereitung auf den Bahnvierer-Wettbewerb in die Büttgener Radsporthalle. Hier legte er nicht nur den Grundstein für die folgenden Goldmedaillen bei den Spielen in München und vier Jahre später in Montreal. Hier lernte er auch seine heutige Frau kennen, mit der er seit 1984 ein Radgeschäft im Stadtteil Vorst führt. Schumachers Erfolge tragen bis heute dazu bei, Büttgen deutschlandweit zu einer bekannten Adresse im Radsport zu machen.

Günther Schumacher

Günther Schumacher vor den Olympischen Spielen 1972.

Wohl auch deshalb führten die Planer der diesjährigen Tour de France die zweite Etappe am Kaarster Stadtzentrum vorbei und stattdessen mitten durch das eingemeindete Büttgen hindurch. Seither ist der 6400 Seelen-Ort im Tour-Fieber. „Seit Januar sind wir dran, unser Dorf für dieses Wochenende vorzubereiten“, erzählt Schumacher, den die Stadt zum „Tourbotschafter“ ernannt hat. Mehr noch: Am 2. Juli wird das gesamte Gold-Team der Olympischen Spiele von 72 und 76 in Büttgen zu Gast sein, um das größte Radsportevent der Welt an der Strecke zu verfolgen.

„Manche habe ich 20 Jahre nicht gesehen, es wird eine Art Klassentreffen – und das vor der eigenen Haustür. Das ist schon Wahnsinn“, sagt der gerade 68 Jahre alte Schumacher. Eine Gänsehaut bildet sich auf seinen immer noch drahtigen Armen, wenn er von der Besonderheit der Tour de France erzählt. „Das gemeinsame Warten, bis die Fahrer kommen. Die Energie, wenn das Feld dann ganz nah an den Zuschauern vorbeirast. Die gelöste Atmosphäre danach. Das ist einzigartig“, sagt Schumacher.

Der Bahnrad-Vierer bei den Olmypischen Spielen 1972

Der Bahnrad-Vierer bei den Olympischen Spielen 1972.

In Büttgen wird das Feld nach 68 Kilometern ankommen und dann rund vier Kilometer die Landstraßen 137 und 381 entlang fahren. Mehrere Tausend Fans werden am Straßenrand erwartet - und manch einer, hofft Schumacher, meldet sich anschließend in der Radsport-Abteilung des VfR Büttgen an. „Es fehlt Nachwuchs, der sich für Sport begeistert“, sagt der Ex-Profi, der auch heute noch über 10.000 Kilometer im Jahr auf dem Sattel sitzt. „Ein Sechser im Lotto wären gutes Wetter und vielleicht ein Deutscher, der das Auftaktrennen gewinnt und dann im Gelben Trikot durch Büttgen fährt“, sagt Schumacher.

Radfahrer Korschenbroich

Korschenbroich -
Kleine Stadt, großer Name

Von Sabine Kricke

Auch durch das beschauliche Städtchen Korschenbroich wird das Fahrerfeld der Tour de France am 2. Juli fahren. Dorthin hat die Stadt einen ehemaligen Tour de France-Sieger eingeladen.

Der wohl bekannteste deutsche Radfahrer der jüngeren Geschichte wird von Korschenbroich aus das Renngeschehen an der Strecke verfolgen und später auf der Bühne an der St. Andreas-Kirche im historischen Ortskern ein Interview geben: Jan Ullrich. Danach soll es noch eine Autogrammstunde geben. Als bislang einziger Deutscher hatte Ullrich 1997 die Tour de France gewonnen.

Doch 2006 wurde er von dem Radrennen wegen seiner Verwicklung in einen Dopingskandal ausgeschlossen. 2012 sprach ihn der Internationale Sportsgerichtshof (CAS) des Dopings schuldig. Gerade wegen dieser Geschehnisse um die Person Ullrich habe die Stadt Korschenbroich ihn zur Tour eingeladen. Er spiegele „als Person die Höhen und Tiefen des Profi-Radsports in den vergangenen 20 Jahren“, teilte die Stadt unserer Redaktion mit. „Auch und gerade weil er als Person nicht unumstritten ist, haben wir Herrn Ullrich verpflichtet.“ Man gehe davon aus, mit ihm auch über die Schattenseiten des Radsports reden zu können.

Jan Ullrich

Jan Ullrich bei der Tour de France.

Ullrich hob in einem Interview hervor, dass für ihn der Korschenbroicher Streckenverlauf „ganz typisch“ für das sei, wofür die Tour de France stehe. „Hier stehen weiträumige Flächen zur Verfügung, der Blick ist frei, und die Menschen haben Platz und viele Möglichkeiten, die Tour am Streckenrand zu verfolgen“, sagte er. Für Foto- und Autogramm-Wünsche steht er laut Stadt am Renntag ebenfalls zur Verfügung. Hierfür sei ein geschützter Bereich an der Steinstraße 6 vorgesehen. Am Ende des Veranstaltungstages soll er gemeinsam mit Korschenbroichs Bürgermeister Marc Venten, dem Bürgermeister aus der französischen Partnerkommune Carbonne, Bernard Bros, und dem Bürgermeister der befreundeten Schorfheide, Uwe Schoknecht, im Biergarten der Bolten-Brauerei einkehren.

Nicht zum ersten Mal führt die Tour de France durch Teile Deutschlands. Ullrich erinnert sich noch gut an die Etappen der Tour 2000 und 2005. Damals führte die Tour durch Freiburg und fünf Jahre später durch Karlsruhe und Pforzheim. „Es waren unglaublich viele Fans an der Strecke, sogar die ausländischen Fahrer sprachen mich an, da sie so begeistert von der Stimmung und den Menschenmassen an den Straßen waren“, sagt Ullrich. Auch in Korschenbroich erhofft sich der ehemalige Profi eine tolle Stimmung. „Am meisten aber freue ich mich darauf, den radsportbegeisterten Menschen in Korschenbroich zu begegnen“, sagt er.

Radfahrer Mönchengladbach

Mönchengladbach -
Ein Dorf putzt sich raus

Von Sabine Kricke

In Mönchengladbach wird am Sonntag eine Menge los sein, wenn die Tour samt Sprintstrecke durch die Stadt zieht. Ein kleines Dorf am Rande der großen Stadt will die Fahrer mit einer Party beim Kartoffelbauern beeindrucken.

In Wickrathberg feiert am 2. Juli fast ein ganzes Dorf gemeinsam die Durchfahrt der Tour de France. Rund 1000 Einwohner der Gemeinde am Rande von Mönchengladbach werden bei einer Tour-Party beim Kartoffelbauern Engels erwartet. Ein Fest, das der großen in der Innenstadt in nichts nachstehen soll. „So eine Tour de France ist einfach ein unfassbares Erlebnis. Und dann fährt sie ausgerechnet durch unser Wickrathberg“, sagt Karl-Heinz-Reinhard, der Vorsitzende des örtlichen Vereins für Heimat- und Denkmalpflege. Wie der 63-Jährige ist das ganze Dorf im Tourfieber.

Die Idee zu einer großen Party entstand bei einem Treffen der Vereine und der Kirchengemeinde. „Jeder wollte irgendetwas machen, und dann dachten wir: Warum nicht einfach eine große Party?“, sagt Reinhard. Dafür musste nur eine ausreichend große Fläche her. Kartoffelbauer Jörg Engels war sofort zur Stelle und bot den etwa 1000 Quadratmeter großen Bereich vor seinem Bauernhof an. Und genau dort wird die große Tour-Sause stattfinden – mit dem perfekten Blick am Straßenrand auf das Fahrerfeld. „Wenn man um die Ecke geht, kann man sogar bis nach Wanlo gucken“, sagt Rheinhard.

Luftbild Wickrathberg

Wickrathberg aus der Luft. Foto: Theo Titz

Das Motto lautet hier: „Die Tour ‚Live‘ und im ‚Original‘ ohne teure VIP-Tribünen“. Für die Kinder wird es eine große Hüpfburg geben und viel Unterhaltung. Eine Live-Band wird auf einer Bühne spielen.

Finanziert wird die Dorf-Party von den örtlichen Vereinen und der Kirchengemeinde. „Sollten wir am Ende auf Kosten sitzen bleiben, ist das halt so. Dann hat es sich trotzdem gelohnt“, findet Rheinhard. Aber das ganze Dorf will dazu beitragen, dass es so weit nicht kommt. „Alle Kuchen werden zum Beispiel von den Bürgern gespendet“, sagt Rheinhard. Für ihn ist die Tour eine tolle Möglichkeit, das kleine Wickrathberg der ganzen Welt zu zeigen und gleichzeitig den Zusammenhalt zwischen den Bürgern zu stärken. „Die Begeisterung hier ist einfach unglaublich. Das motiviert ungemein, so etwas auf die Bühne zu stellen“, sagt der 63-Jährige. Rund 80 Helfer haben sich schon freiwillig gemeldet, bei den Aufbauarbeiten und bei der Realisierung dieses großen Festes zu unterstützen. „Ich bin einfach überwältigt davon“, sagt Reinhard.

Ja, und nun? Da die Party nicht nur für Wickrathberger ist, sondern für alle Radsport-Begeisterten, heißt es: Runter vom Sofa, rauf auf das Fahrrad, rein in die Wanderschuhe und ab nach Wickrathberg.