Die echten Düsseldorfer sind in Düsseldorf in der Minderheit. Nur etwas mehr als ein Drittel (226.079) der Menschen, die ihren Hauptwohnsitz in der Stadt gemeldet haben, sind auch dort geboren. Der Rest sind Zugezogene: Aus dem Umland, aus anderen deutschen Regionen und aus der ganzen Welt. Wie vielfältig die Herkunft der Düsseldorfer ist, zeigt die Zuwanderer-Karte, den unsere Redaktion erstellt hat. Er beinhaltet alle Orte, in denen mindestens 100 Düsseldorfer geboren sind. Die 457 Orte auf der ganzen Welt, auf die das zutrifft, sind in einer interaktiven Grafik markiert.
Die Quelle für die Daten ist das amtliche Melderegister (Stand: 31.12.2015). Die Bürgerämter vermerken dort bei der Anmeldung jedes Bürgers den Geburtsort. Sie können sich nicht über wenig Arbeit beklagen: Düsseldorf verzeichnete im vergangenen Jahr einen Rekord bei den Zuzügen. 53.161 Menschen meldeten die Stadt als neuen Hauptwohnsitz an. Ebenso stieg die Zahl der Fortzüge, wenn auch in geringem Maße, auf 44.559. Das ergibt ein Plus von 8602 Personen. Das ist der Hauptgrund für das starke Wachstum der Stadt. Denn die Gesamtzahl der gebürtigen Düsseldorfer hat sich in dieser Zeit nur geringfügig um 115 Personen erhöht, da etwas mehr Geburten (6528) als Sterbefälle (6413) gezählt wurden. Der Anteil der gebürtigen Düsseldorfer unter den Düsseldorfern nimmt folglich immer weiter ab.
Steigende Einwohnerzahlen in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt verzeichnen die Statistiker bereits seit 16 Jahren.
Ein Grund für den Rekord im vergangenen Jahr ist die Ankunft vieler Flüchtlinge: Ein Drittel der neuen Düsseldorfer Bevölkerung (2869 Personen) besitzt eine Staatsangehörigkeit aus einem der drei Flüchtlingsländer Afghanistan, Irak und Syrien. Sie haben dazu beigetragen, dass Düsseldorf so viele Einwohner hat wie seit 1975 nicht mehr: 628.437 Menschen leben derzeit in der Stadt. Von den Zugezogenen Düsseldorfern kommen die meisten jedoch noch immer aus Orten innerhalb Deutschlands: Nur etwa 23 Prozent der Menschen, die auf der Karte zu sehen sind, stammen aus anderen Ländern.
Die am stärksten vertretenen Herkunftsorte in Deutschland sind die Nachbarn in der Region. Auch in der Grafik ist das zu sehen: Je näher Düsseldorf kommt, desto mehr Zugezogene finden sich pro Stadt. Da schafft es dann sogar das kleine Hilden (6367 Zugezogene), sich zwischen Großstädte wie Duisburg und Essen zu schummeln. Schließlich muss man ja nur ein paar Straßen weiter ziehen, um in Düsseldorf zu landen. Auch Berlin steht mit 5692 Zugezogenen weit oben auf der Liste.
Rund ein Fünftel der Düsseldorfer haben einen ausländischen Pass, mehr als ein Drittel der Einwohner haben einen Migrationshintergrund. Unter den nicht-deutschen Herkunftsorten steht Teheran (Iran) mit 2613 Düsseldorfern an der Spitze, es folgt eine Reihe von Metropolen quer durch die ganze Welt – natürlich auch Tokio (Japan) mit 956 Düsseldorfern. Schließlich bilden die mehr als 6500 Japaner in Düsseldorf die einzige Japantown in Deutschland.
Das starke Wachstum von Düsseldorf ist nicht ungewöhnlich. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat in den vergangenen Jahren in allen deutschen Großstädten eine starke Zuwanderung festgestellt, die dazu führt, dass die Einwohnerzahlen steigen. »Und dieser Trend wird sich in Zukunft noch verstärken«, sagt Gabriele Sturm, Expertin für Stadtbeobachtung und -entwicklung beim BBSR. »Freiwillige Zuwanderung, unabhängig von Flucht, richtet sich meist auf Großstädte, da die Leute zum Arbeiten oder Studieren kommen«, sagt Sturm. Je qualifizierte der Menschen seien, umso eher würde es sie in die großen Städte ziehen. Denn dort seien auch die qualifizierten Arbeitsstellen zu finden. Düsseldorf mach dabei mit seinem Angebot an lukrativen Jobangeboten als Landeshauptstadt keine Ausnahme. Junge Frauen würden noch deutlich häufiger in Großstädte ziehen. Denn dort hätten sie mehr Freiheiten und die soziale Kontrolle sei geringer als in ländlichen Regionen.
Dass viele Düsseldorfer aus Großstädten wie Berlin oder Tokio stammen, entspricht ebenfalls den Erkenntnissen der Wissenschaftler. »Wir beobachten seit Jahren, dass die Menschen von Großstadt zu Großstadt ziehen, selbst dann, wenn sie ursprünglich vom Land kommen«, sagt Wissenschaftlerin Sturm. Dadurch würde die Bevölkerung in den großen Städten aber auch ständig wechseln. Statistisch betrachtet würde sich die Innenstadt einer Großstadt alle fünf bis sieben Jahre komplett austauschen. »Das heißt nicht,dass dort nicht auch Menschen seit 30 Jahren leben. Dafür wechseln die Bewohner in anderen Wohnungen öfter die Stadt«, sagt Sturm. Einen anderen Blick auf die Zahlen erlaubt das Streudiagramm. Es zeigt die Zahl der Zugezogenen relativ zur Bevölkerung ihres Geburtsortes — mit interessanten Ergebnissen, vor allem bei den internationalen Herkunftsorten.
So kommen fast 400 Düsseldorfer aus drei kleinen Gemeinden im Nordosten Marokkos. Für jeden Ort entspricht das fast ein Prozent der Bevölkerung — und das bei 2000 Kilometern Entfernung. Auch das etwas größere Nador (Marokko) ist ganz vorn dabei, außerdem die türkische Kleinstadt Avanos mit über 1,3 Prozent und Groß Strehlitz in Polen, aus dem 220 Düsseldorfer kommen — bei einer Bevölkerung von etwa 31.000 Menschen immerhin noch ganze 0,7 Prozent.
Innerhalb Deutschlands liegt Hilden einsam an der Spitze: Die heutigen Düsseldorfer machen dort über 11,3 Prozent der Gesamtbevölkerung aus — ein stolzer Anteil selbst für einen Ort, der so nahe an Düsseldorf liegt. Sogar Gemeinden in unmittelbarer Nachbarschaft wie Neuss oder Ratingen folgen erst in einigem Abstand mit etwa 4 Prozent.
Aus der Liste lassen sich keine direkten Rückschlüsse darüber ziehen, welche Nationen unter den Ausländern in Düsseldorf stark sind. Aber auch das lässt sich natürlich über das Melderegister herausfinden. Die am häufigsten vertretene Nationalität bilden Türken (13.010 Menschen). Es folgen Griechen (10.259) und Polen (9367). Die Reihenfolge ist eine andere, wenn man auch die Menschen einrechnet, die nicht in Deutschland geboren sind, aber die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (“Migrationshintergrund”). Dann bilden Polen die größte Gruppe. 32.461 Düsseldorfer stammen aus dem Nachbarland, 23.094 von ihnen sind Deutsche. 22.723 Düsseldorfer wurden in der Türkei geboren (darunter 9713 Deutsche). Auf Platz drei befindet sich Marokko, woher 14.433 Düsseldorfer stammen (darunter 9804 Deutsche).
In der Karte sind natürlich weitaus nicht alle Düsseldorfer verzeichnet: Die Summe der Menschen aus allen Orten ergibt nur rund 436.000. Gut 180.000 Menschen tauchen also in dieser Darstellung nicht auf. Das hat zwei Gründe: Orte mit weniger als 100 Zugezogenen veröffentlicht das Statistikamt wegen des Datenschutzes nicht. Dadurch fallen unter Umständen auch Orte weg, die unter verschiedenen Namen mit jeweils weniger als 100 Nennungen auftauchen. Außerdem sind solche Angaben nicht verzeichnet, die das Amt nicht eindeutig einem Ort zuweisen kann.
In der Liste der Ortsnamen steckt übrigens auch viel Geschichte. Das gilt insbesondere für die Regionen, die bis 1945 zum Deutschen Reich gehörten und heute Teil von Polen sind. In Düsseldorf leben 491 Menschen, in deren Ausweis der Geburtsort Allenstein im früheren deutschen Provinz Ostpreußen angegeben ist. Nur bei 117 Personen steht hingegen Olsztyn, der heutige, polnische Name der Stadt. Ein Großteil der Zugezogenen ist also vor 1945 geboren und vermutlich als »Vertriebene« der deutschen Minderheit nach Düsseldorf gekommen.
Eine Auswahl zwischen verschiedenen historischen Namen einer Stadt haben Bürger bei der Registrierung nicht. Die Vorschriften zur Meldung der Geburtsorte sind umfangreich, für die politisch lange heiklen deutsch-polnischen Passangelegenheiten sind diese sogar in einem eigenen Abschnitt der Verwaltungsverordnung genau ausformuliert.
Die Marokkaner sind eine der größten Bevölkerungsgruppen in Düsseldorf. Lesen Sie hier, warum und wo sie in Düsseldorf leben.
Hier können Sie die Rohdaten einsehen und herunterladen, die der Grafik zugrunde liegen. Die Daten stammen vom Amt für Statistik und Wahlen der Landeshauptstadt Düsseldorf. Es handelt sich dabei um den Statistikabzug aus dem Einwohnermelderegister zum 31.12.2015. Haben Sie Anmerkungen oder einen Fehler entdeckt? Sind Städte auf der Karte falsch verortet? Wir freuen uns über Ihre Mail.
RP ONLINE, 16.11.2024