NRW-Landtagswahl

Hier hat die SPD die Wahl verloren

43 Wahlkreise hat die SPD an die Union abgeben müssen. Mit am heftigsten verlor die bisherige Ministerpräsidentin. Wir zeigen, wo die Wahl entschieden wurde.

Von Christina Rentmeister, Clemens Boisserée und Phil Ninh

Egute Nachricht hielt der Wahlabend in Nordrhein-Westfalen für die SPD dann doch noch bereit: Wenigstens das Ruhrgebiet bleibt in SPD Hand, der Kern des Bundeslandes wählte nahezu geschlossen sozialdemokratisch. Das war es dann aber auch schon fast. In Städten wie Düsseldorf, Köln und in den ländlicheren Region des Niederrheins oder Münsterlands gingen ein Großteil der 2012 eroberten Wahlkreise zurück in CDU-Hand.

72 Direktmandate konnte die Union gewinnen und damit genau die Anzahl an Plätzen, die sich auch im Parlament künftig einnehmen wird. Die SPD kommt ihrerseits auf noch 56 Plätze, ein satter Verlust von 43 Sitzen.

Dabei erlebten die Sozialdemokraten in einigen Wahlkreisen echte Debakel. So stürzte die SPD im Kreis Mettmann III beispielsweise von 39,8 auf 29,4 Prozentpunkte, während die CDU von 37,3 auf 47,2 davonzog. Ein Nettoverlust von 20,3 Prozentpunkten. Ähnliches erlebten die SPD-Direktkandidaten im Rhein-Erft-Kreis, Bonn und dem Hochsauerlandkreis.

So haben SPD und CDU in den Wahlkreisen abgeschnitten

Doch auch, wo sich die Sozialdemokratie zuhause fühlt und es auch 2017 noch für die Mehrheit reichte, erlebten die Kandidaten teils dramatische Verlust. So stürzte die bisherige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft von über 59 Prozentpunkt auf 43,7, während ihr CDU-Gegner im Wahlkreis Mülheim I, Heiko Hendriks, sein Ergebnis von 21,2 auf 30,1 Prozent verbessern konnte. Kraft verlor also in ihrem Heimatwahlkreis über 23,3 Prozent auf den politischen Rivalen.

Überhaupt verlor die SPD in allen 128 Wahlkreisen an Erststimmen, die geringsten Verluste verzeichnete dabei noch der Kreis Euskirchen I, wo Direktkandidat Markus Ramers nur 0,1 Prozent im Vergleich zu 2012 einbüßte.

Noch heftiger wurde der bisherige Innenminister Ralf Jäger in seinem Wahlkreis Duisburg III abgestraft. 17,9 Prozentpunkte weniger als 2012 bedeuten den größten Verlust aller SPD-Direktkandidaten. Davon profitieren konnte vor allem die AfD, die auf Anhieb elf Prozent aller Erststimmen erhielt. Dass Jäger dennoch das Direktmandat erhält, ist einzig dem starken 2012er Ergebnis zu verdanken. Damals erhielt er 58,4 Prozent aller Stimmen.

Hier waren die Entscheidungen besonders knapp

Für einige Direktkandidaten blieb der Wahlabend bis zur Auszählung des letzten Stimmbezirks spannend. Allen voran CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet musste im Wahlkreis Aachen II bis nach Mitternacht warten, ehe sein Direktmandat gesichert war. 0,9 Prozent oder 567 Stimmen machten den Unterschied aus.

Noch enger war es in Krefeld und Köln. Am Niederrhein bekam CDU-Kandidatin Britta Oellers 64 Stimmen mehr als ihr SPD-Rivale Benedikt Winzen. Noch knapper war es nur im Nordwesten Kölns. Dort machte wiederum der SPD-Kandidatin Andreas Kossiki das Rennen gegen Christian Möbius von der CDU – 62 Stimmen gaben den Ausschlag.

Hier hat die SPD am meisten verloren

Während die Direktkandidaten der SPD von ihren Wählern oftmals abgestraft wurden und insgesamt nur auf 34,5 Prozent kamen, fiel das Ergebnis bei den Zweistimmen sogar noch schlechter aus. 31,2 Prozent aller Wähler machten hier ihr zweites Kreuzchen. Aber: Die Differenz zur CDU fiel wesentlich geringer aus – was vor allem daran lag, dass auch die CDU nur auf 33 Prozent kam.

Seit der Wahl 2012 hat die SPD im Vergleich zur CDU jedoch deutlich an Prozentpunkten eingebüßt. Lagen die Sozialdemokraten 2012 im Gesamtergebnis der Zweitstimmen noch 12,8 Prozentpunkte vor der CDU, liegt sie nun 1,7 Prozent hinter den Christdemokraten. Die SPD hat im Vergleich der beiden Wahlen also rund 14,5 Prozentpunkte auf die CDU einbüßen müssen.

In allen Wahlkreisen hat die SPD deutliche Stimmanteile gegenüber der CDU verloren (überall mindestens fünf Prozent) ¬- auch dort, wo die SPD weiterhin stärkste Kraft ist. So zum Beispiel im Wahlkreis Duisburg IV – Wesel V, wo die Genossen traditionell stark sind. 2012 holten sie dort 55,4 Prozent aller Stimmen, 2017 nur noch 38,35 Prozent. Damit fuhr die SPD dort landesweit den größten Verlust ein. Die CDU hingegen verbesserte sich in dem Duisburger Wahlkreis gegenüber 2012 um 6,4 Prozentpunkte auf 21,9 Prozent. Insgesamt hat die SPD damit im Vergleich der beiden Wahlen fast 23,5 Prozent auf die CDU eingebüßt.

Wo die SPD im Ruhrgebiet verliert

Ähnlich sieht es in den Wahlkreisen Duisburg I, II und III sowie Essen II und III und Oberhausen I aus. In all diesen SPD-Hochburgen hat die Partei von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft dramatisch an Vorsprung auf die CDU verloren – in allen Fällen um mehr als 20 Prozentpunkte. Damit hat auch die schwindende Vormacht im Ruhrgebiet zur Wahlniederlage beigetragen.

Nur geringe Verluste musste die SPD im Raum Aachen/Heinsberg in Kauf nehmen. Im Wahlkreis Heinsberg I büßte sie nur 2,4 Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2012 ein. Allerdings lag sie dort bei beiden Wahlen ohnehin deutlich hinter der CDU. In den Wahlkreisen Aachen I bis III verlor die SPD unter vier Prozentpunkte und blieb stärkste Kraft.


Landesweit das beste Ergebnis bei den Zweitstimmen erreichte die SPD im Wahlkreis Unna III – Hamm II mit 44,6 Prozent (Ergebnis 2012: 54,9 Prozent). Schon deutlich dahinter folgen die Wahlkreise Herne I (39,5 Prozent), Dortmund III (39,4 Prozent) sowie Oberhausen I und Hamm I (jeweils 38,8 Prozent).

Das sind die Hochburgen der CDU

Die CDU räumte in Olpe 49,4 Prozent ab. Die Christdemokraten holten in ihrem Spitzen-Wahlkreis damit 4,8 Prozentpunkte mehr als die Sozialdemokraten in ihrem. Knapp hinter Olpe folgt Borken I (48,8 Prozent) in der Rangfolge der Top-CDU-Wahlkreise. Dahinter folgen Paderborn I (48,4 Prozent) und der Hochsauerlandkreis II (47,4 Prozent). Es folgen elf weitere Wahlkreise, in denen mehr als 40 Prozent der Zweitstimmen auf die CDU entfielen. Die SPD bekam nur im Wahlkreis Unna III – Hamm II mehr als 40 Prozent.


In absoluten Zahlen bekam die SPD im Wahlkreis Oberhausen II die meisten Zweitstimmen: 29.394. Die CDU bekam die meisten Zweistimmen im Wahlkreis Paderborn I. Dort stimmten 37.856 Menschen für die Christdemokraten.

Das Wahldebakel der Grünen

Doch nicht nur die Verluste der SPD waren entscheidend für die Niederlage der aktuellen Landesregierung. Auch der „kleine Koalitionspartner“, die Grünen, haben dramatisch verloren. Sie kamen nur auf 6,4 Prozent (2012: 11,4 Prozent). Am deutlichsten haben die Grünen, mit einem Minus von 9,6 Prozentpunkten, im Wahlkreis Köln III an Zweitstimmen verloren. Auch in Köln I, II und IV (-9,1 Prozentpunkte; -8,2 Prozentpunkte; - 8,1 Prozentpunkte) sind die Verluste deutlich. In 56 von 128 Wahlkreisen haben die Grünen fünf oder mehr Prozentpunkte verloren. Besonders stark sind die Verluste in vielen Wahlkreisen in den Universitätsstädten Köln, Bonn, Bielefeld, Aachen und Münster (überall mehr als sieben Prozentpunkte). Dort waren die Grünen vor fünf Jahren mit mehr als 20 Prozent bei den Zweitstimmen besonders erfolgreich.

<<< Zurück zur Übersicht

Haben Sie Anmerkungen oder einen Fehler entdeckt? Wir freuen uns über Ihre Mail.

Von Christina Rentmeister (Recherche, Grafiken und Text), Clemens Boisserée (Recherche, Grafiken und Text), Phil Ninh (Design und Programmierung)


RP ONLINE, 23.04.2024

Impressum, Datenschutzhinweise