Geschrieben von Henning Rasche
Geschrieben von Henning Rasche
Die Bundesrepublik Deutschland hat Geburtstag. 70 Jahre wird sie alt, und ziemlich viele gute Seiten hat sie aus dem Dokument, das wir in dieser Ausgabe würdigen. Mutige Frauen und Männer haben Deutschland mit dem Grundgesetz optimistisch in die Zukunft geführt. Sie gaben diesem Land die demokratische Ordnung, die es nach den furchtbaren Erfahrungen der Nazi-Diktatur dringend brauchte. Die Grundrechte, der Rechtsstaat, die Herrschaft des Volkes sind Institutionen, die niemand mehr missen möchte.
Das Grundgesetz ist ein Glücksfall, an jedem einzelnen Tag. Es ist so viel mehr als bloß ein juristischer Text, der die Redaktion zu dieser Sonderausgabe inspiriert hat. Doch was bedeutet das Grundgesetz den Menschen im Land? Ihre Gedanken finden Sie auf dieser Seite.
***
Geschrieben von Henning Rasche
Rupert Scholz, früherer CDU-Bundestagsabgeordneter und Staatsrechtslehrer, hat in einer Reihe von Interviews das Grundgesetz für seinen Vorbildcharakter gepriesen. „Es war vielerorts die Erkenntnis, dass hier ein Land, das aus einer schlimmen Diktatur kam, es schaffte, nach einer ganz schwierigen Situation nach 1945 mit einer erstklassigen Verfassung zu einer stabilen Demokratie und einem stabilen Rechtsstaat zu werden“, hat er der Zeitung „Das Parlament“ gesagt. Und hinzugefügt, er selbst habe an Verfassungsberatungen in Brasilien, Polen, Russland und China teilgenommen.
Neben der deutschen haben auch die südafrikanische und die indische Verfassung einen Ruf als Exportschlager. Doch eine Studie der amerikanischen Universitäten von Washington und Virginia von 2012 wirft etwas Schatten auf die Export-Euphorie. Die Wissenschaftler haben alle Verfassungen der Erde der vergangenen 60 Jahre verglichen, 729 Stück, und geschaut, welche tatsächlich Vorbildcharakter hat. Ergebnis: Kanada ist Exportweltmeister. Der Einfluss des Grundgesetzes hingegen stagniere, wenn er nicht gar zurückgehe.
Zunächst stand das Grundgesetz in den 60er und 70er Jahren Modell, später in den 90er Jahren für die Staaten der untergegangenen Sowjetunion. Seither geht es bergab mit den juristischen Exporten. Viele Verfassungsänderungen seit 1994 hätten das Grundgesetz vom globalen Mainstream entfernt, meint Maximilian Steinbeis vom „Verfassungsblog“.
Die Erzählung vom „Exportschlager Grundgesetz“ soll die Bedeutsamkeit der deutschen Verfassung vergrößern. Die ist aber doch schon groß genug.
***
Haben Sie Anmerkungen oder einen Fehler entdeckt? Wir freuen uns über Ihre Mail.
RP ONLINE, 19.12.2024